Das Buschhüttener Protokoll
BSV
Friesen BerlinMan Team unterstreicht Zweitliga-Tauglichkeit
Hier sitze ich nun, auf der Rückfahrt vom Wettkampfort Buschhütten nach Berlin, irgendwo zwischen Sauerland und Hannover, schläfrig vom obligatorischen Post-Race-McDonalds-Geschlemme. Mit dem Teamshirt über der von der Sonne rotgebrannten Haut ruft die Gesamtsituation eher Verlangen nach einem Nickerchen hervor, als sich der Berichterstattung hinzugeben. Dennoch juckt es mir in den Fingern, die Überflutung von Eindrücken des Tages angemessen in Worte zu fassen, drum wollen wir uns dem zuvor Umschriebenen einmal widmen:
Samstag, 9.00 Uhr
Es ist der Zeitpunkt des Treffens, die
große Reise soll beginnen. Doch wie kann es auch anders sein, ich
stehe alleine auf dem REWE-Parkplatz nahe der Stadtgrenze, von wo aus
wir den Weg gemeinsam begehen werden. Na gut, fangen wir erst einmal
mit einem doppelten Espresso zu überteuerten Bäckerpreisen an.
Samstag, 9.15 Uhr
Langsam sind unser Kolumbianer
Sebastian und Maurice mit Vater Rainer, Teamsupporter Nr. 2 neben mir
(Lewin), am Parkplatz eingetroffen.
Ein quietschender türkisfarbener
Kangoo fährt auf uns zu, Jonas ist also auch da. Direkt dahinter
rollt ein weißer Transporter in die nächste Parkbucht und ein Typ
mit lässig zurückgegelten Haaren und Sonnenbrille auf der Nase
steigt vom Fahrerbock. Stolz präsentiert Hoffi uns die
BerlinMan-Magnet-Matten, die das triste Weiß des „TransPeters“
auflockern. Schnell noch ein Foto mit Verweis auf Transporter-Sponsor
FOELSKE und das Einkaufen mehr oder weniger wichtiger Nahrungsmittel
wird vollzogen.
Samstag, 9.50 Uhr
Die wahnsinnig aufregende Fahrt gen
Westen beginnt, keine weiteren Vorkommnisse.
Samstag, 15.00 Uhr
Wir fahren über eine Schnellstraße,
rechter Hand erheben sich von Bäumen bewaldete Hügel, die bespickt
sind mit Wohnblöcken. Unser internationaler Teil des Teams,
Sebastian, fragt mit bestem spanischen Akzent, welche Stadt denn das
sei. Es herrscht Uneinigkeit, man einigt sich auf Siegen. Kurz darauf
sind wir bereits da und biegen nach Buschhütten, ein kleines
verschlafenes Dorf im Kreuztal, dass schon diverse Anzeichen des
morgigen Tages bereithält, ein. Wir fahren weiter zum Schwimmbad.
Völlig verloren in der hintersten Ecke des Dorfes, bei dem man sich
fragt, warum gerade hier die Weltstars der Szene ihr Zweitstartrecht
beantragen, liegt das Becken des Freibades, dass den Auftakt am
Sonntag beherbergen darf.
Sebastian und ich schwimmen ein.
Bei
Hoffi, Maurice, Jonas und dem dazugestoßenen Tom beginnt, nach
Anlegung der Teamkleidung, dass standardisierte Aktivierungsprogramm
zu Rad und in den Laufschuhen.

Wir treffen auf die Jungs und Mädels von TuS Neukölln, die das selbige in Angriff nehmen. Es folgt natürlich das traditionelle Vorstart-Gerede, wer wie stark in Form sei und was alles könne. Doch nebenbei freuen wir uns natürlich, die Neuköllner zu sehen. Bei mir kommt ein Flair vergleichbar der Deutschlandcups auf, als wir noch alle gemeinsam im BTU-Einteiler am Start standen.
Samstag, 18.00 Uhr
Hoffi und ich begeben uns zur
Teamleitersitzung und beobachten, die Gratisgetränke genießend, wie
man sich als professioneller Teamleiter zu verhalten hat. Gegen Ende
der Sitzung fallen wir auf, als Hoffi die Frage stellt, ob wann man
beim morgigen Teamwettkampf denn den letzten Starter verlieren dürfe.
Abschätzige Blicke, vereinzelt schlaue Kommentare. Es bedarf
persönlicher Nachfrage im Vier-Augen-Gespräch Rainer Jung, bis wir heraus
bekommen, dass direkt nach dem Schwimmen der 5. Mann verloren werden
darf.
Samstag, 19.20 Uhr
Irgendwo in Siegen. Sämtliche Lokale
sind überlastet durch Leute in Sportbekleidung, man mutmaßt, dass
es sich hierbei um Triathleten handeln könnte. Nachdem wir in
konspirativen Teambesprechungen an zwielichtigen
Siegener-Straßenecken eine mögliche Örtlichkeit der
Nahrungsaufnahme auserkoren und diese schlussendlich durchgeführt
haben, müssen wir den steilsten Berg in der Geschichte der
Menschheit wieder hinauflaufen, um zum Team-TransPeter zurück zu
gelangen.
Samstag, 22.00 Uhr
Es wird Probe gelegen. Die Betten des
hauptsächlich auf Menschen jenseits des 70. Lebensjahr
ausgerichteten Gasthofes werden nach geringfügigen Modifikation als
passabel bekundet. Es folgt das alltägliche Gequatsche, dessen
Inhalt höchster Geheimhaltung unterliegt.
Samstag, 23.55 Uhr
Jonas fordert die Teammitglieder auf,
endlich schlafen zu gehen. Man willigt ein.
Sonntag, 8.45 Uhr
Der Wecker klingelt. Aus dem Fenster
blickend setzt die erste Beruhigung ein, das Wetter spielt auch mit.
Es schleißt sich das ausgiebige Frühstück und eine Schrauberstunde
vor dem gegenüberliegenden Dönerladen an, bei der Hoffi das
versammelte Team mit Laufrädern ausstattet, die Optik stimmt.
Sonntag, 10.50 Uhr
Wir treffen in Buschhütten ein, wo
bereits die Agegrouper-Rennen stattfinden. Wir geben unsere
Ersatzlaufräder ab und beginnen mit den allseits bekannten
Startvorbereitungen. Der Rostocker Sportskamerad versucht uns
währenddessen über die Taktik des Tages auszuhorchen, wir streuen
diverse Unwahrheiten in unsere Ausführungen mit ein.
Sonntag, 11.30 Uhr
Die Jungs checken ihre Laufschuhe ein
und bereiten die Wechselzone 2 vor. Vor lauter Überlegungen, was wir
denn mit der übrigen Zeit bloß anfangen sollen, vergeht diese doch
ganz schnell. Mir wird mehrmals zu Tempoläufen geraten, da ich ja
heute nichts mehr leisten müsste. Irgendwie komme ich
glücklicherweise doch drum herum.
Sonntag, 14.30 Uhr
Tom, Hoffi, Jonas, Maurice und
Sebastian checken ihre Räder ein. Jetzt beginnen die letzten 45
Minuten vor dem Start. Wir machen noch ein Foto zusammen mit den
„Neuköllner Atzen“ und schieben danach die Räder in die Ständer.
Direkt im Anschluss geht es zum Einschwimmen in das klare Wasser des Buschhüttener Freibades. Die Anspannung steigt merklich gen den blauen, wenig bewölkten Himmel.
Sonntag, 15.15 Uhr
Der Start erfolgt. 18 Mannschaften
schicken ihren ersten Sportler in die Bundesliga Saison 2015. Beim
Friesen BerlinMan-Team wühlt sich Maurice die ersten 300m durch das
Schwimmbecken. Er kann das Tempo des schnellsten Teams mitgehen und
übergibt als Dritter auf Tom.
Tom schwimmt an, als gäbe es nach
seinem Schwimm-Staffelpart etwas umsonst. Er bringt unser Friesen
Team in Führung und übergibt an Hoffi.
Hoffi schwimmt beherzt los, wohlwissend
des nun auf ihn lastenden Druckes. 100m lang schwimmt er ein
passables Tempo und schlägt sich wacker, verliert danach aber
zunehmend Meter zur Spitze und übergibt auf Jonas.
Jonas ist derweilen innerlich bereits
auf 180 und lässt sich stets über die Zwischenzeiten informieren.
Er schwimmt schnell an und hält das
Tempo hoch.
Schnell schwimmt er zum Team aus Hagen direkt nebenan auf
und übergibt auf Sebastian.
Sebastian ist Schwimmer im Verein
Zehlendorf 88. Er absolviert aktuell sein Austauschjahr in Berlin und
hat nun im Alter von 16 Jahren, tausende Kilometer fernweg der
Heimat, die verantwortungsvolle Aufgabe, uns zurück ins Rennen zu
bringen und den Abstand zur Spitze zu verringern.
Er schwimmt die
schnellste Zeit des Teams, steigt wenige Meter hinter David Krüger
von Neukölln aus dem Wasser und klatscht die vier Regionalliga-Stars
des letzen Jahres ab, womit er sie auf die Radstrecke schickt.
Sebastian steigt noch auf sein Rad und fährt zur nächsten Ecke, an
der er das Rennen beendet.
Sonntag, 15.35 Uhr
Für mich beginnt nun der erste Sprint,
von wegen Tempoläufen hätte ich nicht gemacht. Ich renne zu meinem
Rad und fahre Endspurt zur komplett gesperrten Autobahn, nur um
festzustellen, dass mein Team bereits an diesem Standpunkt vorbei
gerauscht war. Wenig später erblicke ich das Führungsfahrzeug auf
der anderen Seite der Autobahn. Hinter ihm aufgereiht fährt Witten
verfolgt von Bonn an mir vorbei. Direkt danach kommen innerhalb
weniger Sekunden mehrere Teams, darunter auch die Jungs aus Neukölln
in ihren neuen roten Einteilern und die Männer mit den schwarz
weißen Anzügen, die mit dem pinken Streifen auf dem linken
Oberschenkel versehen sind: Die Friesen. Weiterhin befinden sich in
der Nähe die Teams Buschhütten 2 und Hamburg.
Das Bild bleibt bei den weiteren
Vorbeifahrten das gleiche: Später berichten die Jungs, dass es
schwierig gewesen wäre, zu überholen, kein Team habe sich absetzen
können. Es zeigte sich, dass man am besten versuchen sollte,
möglichst viel Kraft zu sparen, um es auf der Laufstrecke knallen zu
lassen.
Sonntag, 16.05 Uhr
Mein zweites Intervall beginnt. Ich
rase die Treppe der Autobahnbrücke herunter, das Rad geschultert,
knapp einem Bänderriss entkommend, schön wie nie zuvor springe ich
auf das Gefährt und fahre zur Wechselzone. Auf dem Weg hierhin werde
ich von einer geschlossenen Bahnschranke gestoppt und fühle mich
absolut wie die Rennfahrer bei der diesjährigen Austragung von
Paris-Roubiax. Aus der Ferne erspähe ich das Absteigen und stelle
fest, dass alles wie zuvor geblieben ist. 4 Teams kämpfen demnach um
den dritten Platz und wir Friesen befanden uns darunter.
Wenige Minuten später, an der 5 mal zu
laufenden Runde, zeichnet sich ab, dass Buschhütten im Laufen nicht
zu knacken ist. Es geht also um den vierten Platz in der Tageswertung
– und das im Direktduell gegen unsere langjährigen Freunde von TuS
Neukölln. Jonas, Hoffi, Tom und Maurice gegen David, Norman, Corny
und Raphi.
In der dritten Runde stieg die Spannung
ins Unermessliche: Corny musste eine Zeitstrafe absitzen – wir
Friesen übernahmen den vierten Platz von TuS. War es die
Entscheidung? Mussten sich die Neuköllner zurückfallen lassen und
Corny einsammeln?
Nein – mit einer läuferischen
Glanzleistung schloss Corny die Lücke wieder und motivierte damit
sein Team immens, sodass Neukölln direkt vorbeizog.
Hieran konnten wir trotz bester
Bemühungen nichts mehr ändern, nach Bonn, Buschhütten, Witten und
Neukölln retteten wir den 5. Platz ins Ziel!
Ein Ergebnis, was grandios für den
Einstieg in die 2. Bundesliga ist und zeigt, dass wir hier auf jeden
Fall richtig sind!
Wir möchten uns bei TuS Neukölln für
dieses spannende Duell bedanken und freuen uns auf die kommenden
Rennen mit euch!
Sonntag, 16.30 Uhr
Alle sind im Ziel angekommen. Ein
richtiges Fazit aus dem Rennen zu ziehen, traut sich noch niemand zu.
Ich merke, dass die Jungs noch nicht wissen, wie sie dieses Ergebnis
einordnen sollen. Schnell kommen sie zu den Punkten, die noch nicht
optimal gelaufen sind. Umso schneller gilt unser Interesse den
vorbeilaufenden Cheerleaderinnen, die die hohe Qualität der
Veranstaltung verkörpern.
Sonntag, 17.00 Uhr
Das Einräumen beginnt. Diverse
Irritation bezüglich des Verbleibs von Gegenständen führt zu
kurzzeitigen Spannungen. Wie immer findet sich alles.
Sonntag, 18.15 Uhr
Wir verlassen Buschhütten und beginnen
langsam mit den weniger emotionalen Analysen des Rennens. Allen wird
bewusst, dass dies ein Auftakt nach Maß war und wir, so alles
perfekt laufen wird, sogar auch weiter nach oben schielen können.
Eingekehrt bei McDonalds, in der Idylle
zwischen grüner Wiese, Autobahn und Atomkraftwerk, füllen wir die
Energiespeicher (auch hinsichtlich nächster Woche) auf. Die Spannung
bleibt auf einem hohen Level, keine 7 Tage bleiben uns nunmehr bis
zum nächsten Rennen, bei dem meine Wenigkeit Tom ersetzen wird, der
im Deutschlandcup an den Start gehen wird.
Mit besten Grüßen von der Rückbank,
Lewin
Pressewart FBM-Team
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen