Dienstag, 2. Juli 2019

2. Bundesliga Nord, 4. Rennen in Grimma, 30.06.2019

Wie es ist, Teil des besten Teams der zweiten Bundesliga Nord, aber nicht Teil der Besten in der zweiten Bundesliga zu sein.

Um es direkt vorweg zu nehmen: Es bereitet mir große Freude und ist mir eine große Ehre mit einem Team aus jungen Athleten vom BSV Friesen und den Weltraumjogger diese erfolgreiche Saison in der 2. Bundesliga Nord zu bestreiten. Selten habe ich einem Ligarennen im Triathlon derart entgegengefiebert, wie ich es derzeit erlebe. Nicht etwa, weil ich auf meine eigenen Leistungen gespannt bin, sondern vielmehr weil ich gespannt darauf bin, welches Feuerwerk meine Teamkollegen beim nächsten Rennen wohl zünden werden. Wenn es etwas gibt, dass einem durchschnittlichen Triathleten auf der Laufstrecke eines Ligarennen entzücken bereiten kann, ist es der Anblick der führenden Teamkollegen. Dies gilt insbesondere dann, wenn man sich mit diesen Athleten auch im Training regelmäßig messen darf und damit die Entwicklung der jungen Sportler aktiv miterlebt. Zumal zu den Teamkollegen mit Maurice ein Sportler gehört, dem ich vor vielen Jahren selbst den Einstieg in den Wettkampfsport – damals noch als Schwimmer – vermitteln durfte.

Darüber hinaus sind die Aufmerksamkeit und die Begeisterung für die Entwicklung des gemeinsamen Teams in beiden Vereinen jederzeit zu spüren. Die Betreuung durch den Teamleiter wird mit einer Hingabe bewältigt, die mich zwar zeitweise in Ermangelung gewisser planerischer Grundordnungen verzweifeln lässt, jedoch dafür sorgt, dass bis zur letzten Sekunde penibel das Material optimiert wird und die Anspannung eher einem Athleten als einem Trainer oder Betreuer zuzuschreiben wäre. Durch die Begleitung von unserem Vereinsvorsitzenden verfügen wir bei sämtlichen Rennen über eine Betreuungs- und Servicedichte, die ich in meiner Zeit als Sportler nie zuvor erleben durfte. Also alle Voraussetzungen für eine tolle Triathlongeschichte, in der ich mittendrin stecke.
Dazu noch ein Blick zurück: Im Herbst vergangenen Jahres bin ich nach gut 10 Jahren Abwesenheit zurück nach Berlin in meine alte Heimat gezogen. Den Verein habe ich - zumindest sportlich - als Schwimmer verlassen und bin als Triathlet zurückgekehrt. Nachdem ich im vergangenen Jahr noch für den SSF Bonn (meine Heimat als Triathlet) in der 1. Triathlonbundesliga starten und dabei durchaus die Grenzen meiner Leistungsfähigkeit erfahren durfte, habe ich sehr lange mit mir selbst gerungen, auf welchem Niveau ich den Sport weiterhin ausüben will. Mit dem Grunewald vor der Haustür und mit Jonas und Maurice im Nacken stellte ich mich zunächst dem Training mit den Ligaathleten und fand nach durchaus schmerzhaften Anfängen große Freude an dem gemeinsamen Training auf diesem beachtlichen Niveau. Mit tauglichen Grundlagen aus dem Winter habe ich die Herausforderung der 2. Bundesliga mit großer Vorfreude angenommen, sollte mir doch die Rolle eines soliden 5. Manns (4. Athleten kommen bei jedem Rennen in die Wertung) in dem leistungsstarken Team zukommen. Nach einer detaillierten Terminplanung wurde dann schnell klar, dass ich in jedem Falle alle Ligarennen bestreiten darf oder muss und das eine oder andere Missgeschick (wie berichtet) führte dazu, dass auch meine Platzierungen zunehmend an Relevanz gewinnen sollten. Bereits bei den ersten Rennen durfte ich feststellen, dass seit meinem letzten Start in der 2. Bundesliga das Niveau kontinuierlich zugenommen und meine eigene Regenerationsfähigkeit zwischen und während der Wettkämpfe eine andere Entwicklung vollzogen hat. Vielleicht entsteht auch daraus bei dem einen oder anderen aufmerksamen Beobachter der Eindruck, einer latenten Unzufriedenheit mit meinen eigenen Ergebnissen. An die Situation als ehemaliger Schwimmer auch in der 2. Liga nicht mehr zu den Schnellsten zu gehören oder nach einem eingeschränkt intensiven Radfahren im Hauptfeld nicht mehr gänzlich frische Beine zu haben, musste ich mich erstmal gewöhnen. Ein Ligarennen ist eben etwas anders als die eine oder andere gelungene Trainingseinheit in einer Disziplin, die zwischen den beruflichen Verpflichtungen auch mir noch immer mal wieder gelingt.
Nach diesen Erkenntnissen aus den Vorwochen und als Tabellenführer ging es am vergangenen Wochenende in guter Stimmung nach Grimma ins schöne Muldental, inzwischen eine regelmäßige Station der verschiedenen Triathlonligen, auch in diesem Jahr wieder zeitgleich Austragungsort der Deutschen Meisterschaften der Jugend. Dies bedeutete für unser Team einerseits zwar die Aussicht auf Bestbesetzung, andererseits jedoch durften die beiden Youngstars Janne und Ben an diesem Wochenende bereits samstags zu ihren Meisterschaften antreten, bevor am Sonntag das Ligarennen anstand. Ein beachtliches Programm bei beachtlichen Temperaturen, mit offenem Ausgang.
  1. Akt: Deutsche Meisterschaften der Jugend
Dieses sportliche Highlight in verkehrstechnisch gut erreichbarer Nähe lässt sich niemand entgehen, sodass auch die übrigen Teamkollegen bereits am Samstag rechtzeitig in Grimma eintrafen und gemeinsam mit der nahezu vollständig anwesenden Berliner Triathlonfamilie den Wettkämpfen der Nachwuchsathleten entgegen fieberten. Bei Temperaturen von über 30 Grad und der weitgehend vollständig gemeldeten Nachwuchselite war die Anspannung bei Athleten, Betreuern und Zuschauern gleichermaßen zu spüren. In einem solchen Moment wird aus einem geliebten Hobby durchaus mal eine unliebsame Prüfung. Bereits in den ersten Rennen zeigte sich jedoch, dass die Berliner Athleten sich individuell hervorragend weiterentwickelt haben. Im Berliner Triathlon tut sich offensichtlich etwas.
Mit Martha (3.Platz)                                                                              und Janne (2.Platz)



















kommen seit langer Zeit sogar wieder zwei Medaillengewinner aus Berlin. Beide stellten in beeindruckender Manier ihre Leistungen aus dem Training auch im Wettkampf unter Beweis. Dabei zeigt sich, dass im Sport nicht immer nur die fleißigsten Athleten ganz vorne ins Ziel kommen, sondern auch der Kopf einen erheblichen Teil zum Erfolg beiträgt. Und an mangelndem Selbstbewusstsein mangelt es unserer Trainingsgruppe im Regelfall nicht.
  1. Akt: 2. Bundesliga
Im Bewusstsein offensichtlich bester sportlicher Vorbereitung begann noch am gleichen Abend erschöpft, aber zufrieden vom individuellen Einsatz das übliche Procedere vor den Bundesligarennen. Ein zentrales Thema in Grimma ist immer die Taktik für das Schwimmen. Die Mulde ist schließlich ein Fluss mit echter Strömung und einem äußerst kurvenreichen Verlauf. Das Beruhigende an diesen Diskussionen zwischen den Sportlern ist ja, dass es nicht auf die inhaltlich korrekte Auslegung der physikalischen Grundregeln ankommt, sondern vielmehr auf ein gutes Gefühl. Dieses war innerhalb des Teams am Abend recht schnell gefunden, sodass nach einem langwierigen Abendessen alle beruhigt zu Bett gehen konnten. Meine persönliche Begeisterung für das 4. Rennen in 6 Wochen hielt sich bereits zu diesem Zeitpunkt leider in Grenzen.
Der Sonntag startete wie erwartet mit strahlendem Sonnenschein und hochsommerlichen Temperaturen. Nicht viel weniger erwartet begann der Wettkampftag für unser Team auch wieder mit einer spontanen Hiobsbotschaft. Nachdem Ben bereits am frühen Morgen noch in der Teamstaffel für das Berliner Team an den Start ging, musste er aufgrund von Schmerzen und neuerlichen Schwellungen im lädierten Fuß seinen Start in der Liga absagen. Gut, dass wir Knödel haben. Er ist erstens immer da, wenn man ihn braucht und zweitens immer gut, wenn es darauf ankommt.

Meine persönliche Begeisterung war zu diesem Zeitpunkt und mit den jüngsten Entwicklungen nicht merklich angestiegen. Nachdem dann noch schnell die gewichtsoptimierten Wettkampfräder aufgrund der Temperaturen mit einem zweiten Flaschenhalter versehen wurden und die üblichen kleineren bis mittleren Reparaturen an den Rädern vorgenommen waren, sollte es auch für uns richtig losgehen.
Unsere am Vorabend avisierte Startposition hielten wir auch dann noch ein, als uns aufgrund der aktuellen Tabellenplatzierung die Ehre zu Teil wurde, als erstes Team in die Startaufstellung zu gehen.

Dies sorgte nicht nur bei einigen anderen Teams für Verwirrung sondern auch bei dem einen oder anderen fachkundigen Zuschauer. Über den Erfolg dieser Strategie gab es erwartungsgemäß im Nachgang sehr unterschiedliche Analysen. Als mich Janne erst auf den letzten 200 Metern der Schwimmstrecke überholt hat, kamen auch mir erste Zweifel zu unserem Vorgehen.

Begeistert durfte ich dann aus sicherer Entfernung und nach vernünftiger Abwägung, auch ohne ernsthafte Ambitionen ihn zu begleiten, beobachten, wie Janne direkt nach dem Radaufstieg mit vollem Einsatz die Verfolgung der Führungsgruppe in Angriff nahm. Nach kurzer Zeit hatte er dann bereits eine kleinere Gruppe inkl. Marek um sich herum, die gemeinsam die Verfolgung der Führenden inkl. Jakub angingen.

Diese Rennkonstellation war dann auch für Knödel und mich eine sichere Garantie im großen Hauptfeld mitrollen zu dürfen und so viel Kraft wie möglich für das Laufen zu sparen, was uns Hoffi bereits in der ersten Runde lautstark zu vermelden wusste. Kraft sparen war jedoch bei der durchaus abwechslungsreichen, aber auch anspruchsvollen Radstrecke keine Selbstverständlichkeit.

Janne und Maurice schafften erwartungsgemäß den Anschluss an die Führungsgruppe, das Hauptfeld konnte den Abstand auf diese jedoch weitgehend konstant halten, was mit einer harten Laufentscheidung für unsere drei Athleten an der Spitze gleichzusetzen war. Leider schaffen es mit den geringen Abständen nach dem Radfahren immer noch ausgewiesene Laufexperten die Lücke zu den Führenden zu schließen und aufgrund ihrer eigenen Frische – durch das „entspannte“ mitrollen im Hauptfeld – auch den Sieg zu erringen. Der Laufpart war dann für alle Starter ein Kampf mit der jeweiligen Vorbelastung und der nunmehr erheblichen Hitze in den engen Gassen der Altstadt. In dieser Situation musste jeder seine Energiereserven den Umständen entsprechend individuell einteilen.
Der Kampf um jede einzelne Platzierung trat dabei für die meisten Athleten in den Hintergrund. Der Kampf richtete sich vornehmlich gegen den eigenen Körper und die Bedingungen. Am besten gelang dies erneut Janne, der damit seine Aufholjagt und ein ereignisreiches Wochenende mit einem tollen Ergebnis (Platz 4) zu Ende brachte,

kurz vor Marek, der mit Platz 6 erneut seine beste Platzierung in der 2. Bundesliga steigern konnte

                                              und Jakub, der als 15. ins Ziel lief.

Ich persönlich konnte nach einem insgesamt soliden Rennen und einem leichten Einbruch beim Laufen mit Platz 28 mein bestes Saisonergebnis erreichen und musste mal wieder feststellen, dass der Kopf offensichtlich auch dann die Leistungsfähigkeit beeinflusst, wenn er mehr erreichen will, als der Körper zu leisten im Stande ist bzw. umgekehrt sogar bessere Ergebnisse möglich sein.

Knödel gelang es offensichtlich nicht ganz so gut, die Kräfte auf dem Rad fürs Laufen zu sparen, sodass er sich über die knapp 5 km durch die Altstadt sehr zu quälen hatte. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass er in Kenntnis der nachfolgenden Ereignisse sicherlich noch den einen oder anderen Platz gut gemacht hätte.

Wie immer folgt kurz nach dem Zieleinlauf das große Rechnen für die Teamwertung. Nach den ersten offiziellen Ergebnissen folgte der Schock. So zeigte ein erster Aushang eine Disqualifikation von Jakub. Als Grund wurde „Littering“ ausgemacht. Damit wird das gesellschaftlich höchst wünschenswerte aber im Kontext eines Bundesligarennens durchaus fragwürdige Verbot, Abfälle während des Rennens zu hinterlassen, geahndet. Aus unerklärlichem Glück gab es einen weiteren Athleten, der mit identischer Strafe belegt worden war. Hierbei handelte es sich ausgerechnet um einen Athleten von unserem direkten Konkurrenten um die Tabellenführung und den Aufstiegsplatz. So folgten auf allen Seiten und unter Einbindung des Schiedsgerichtes wilde Diskussionen und die dazugehörigen Spekulationen. Da es sich bei derartigen Entscheidungen im Triathlon jedoch um Tatsachenentscheidungen handelt, dürfte allen Beteiligten die geringe Aussicht auf Erfolg dieser Diskussionen zumindest im Hinterkopf bewusst gewesen sein. Im Ergebnis müssen wir uns durch die Disqualifikation mit einem Rang 6 in der Teamwertung zufrieden geben. Unsere direkten Konkurrenten aus Halle haben es noch vor uns auf Rang 5 geschafft. Der Tagessieg ging so an das Team aus Köln, die damit nun auch wieder die Tabelle anführen. Dahinter liegen wir noch mit einem Punkt Vorsprung vor Halle auf Rang 2. Für das letzte Rennen in Verl bedeutet dies nochmals Hochspannung. Für uns wird es ein echtes Finale um den Sieg in der 2. Bundesliga Nord. Die Ausgangslage ist eigentlich ganz einfach: Gewinnen wir, haben wir uns auch sportlich gegen alle Wiederstände durchgesetzt. Eine echte Teamleistung eben. Das notwendige Selbstbewusstsein sollte uns mit den Erfahrungen aus den vergangenen Hiobsbotschaften auch jetzt nicht verlassen. Auf die Unterstützung unserer Vereine und des gesamten Umfeldes bauen wir sehr. Ich persönlich freue mich schon jetzt riesig darauf, ein Teil von diesem Spektakel sein zu dürfen. Ich gehe schließlich fest davon aus, zumindest im letzten Rennen auch tatsächlich „nur“ der 5. Mann im Team zu sein.

Nils Dehne 

Ergebnisse: 
https://muldental-triathlon.de/wp-content/uploads/2019/06/2019_Ergebnisliste_DM_Jugend_A_maennlich_Rang.pdf

https://muldental-triathlon.de/wp-content/uploads/2019/06/2019_Ergebnisliste_DM_Jugend_A_weiblich_Rang.pdf

http://triathlon-timing.com/results/results/2019/2019_06_30_15._Muldental_Triathlon_2019_-_Sonntag/Ergebnisliste_2._Bundesliga_Maenner_maennlich_Rang.pdf

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